Wolfgang Eichelmann. Hessische Münzen und Medaillen - PDF Free Download (2023)

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1 Wolfgang Eichelmann Hessische Münzen und Medaillen

2 Dr. Wolfgang Eichelmann,»Hessische Münzen und Medaillen Gedanken und Betrachtungen zu Münzen und Medaillen des Hauses Brabant«überarbeitete und erweiterte Neuauflage der Ausgabe von Dr, Wolfgang Eichelmann Alle Rechte vorbehalten Satz und Layout: Dr. Wolfgang Eichelmann Umschlaggestaltung: OOOGrafik, Corina Witte-Pflanz, Steißlingen Bildarchiv Fotolia, Datei: , Urheber esdras 700 Verlag: tredition GmbH, Hamburg ISBN (Paperback) ISBN (Hardcover) ISBN (e-book)

3 WOLFGANG EICHELMANN Hessische Münzen und Medaillen Gedanken und Betrachtungen zu Münzen und Medaillen des Hauses Brabant

4 Einen guten Fürsten erkennt man an dreierlei Dingen, am Erfüllen seiner Versprechen, am Reinhalten der Straßen und an seinen Münzen. Landgraf Philipp von Hessen der Großmütige

5 Inhaltsverzeichnis Vorwort Terra Hassia, vom Nebenland der Landgrafschaft Thüringen zur eigenständigen Landgrafschaft Hessen Die Beziehungen des hessischen Münzwesens zum ersten kurrheinischen Münzverein Die heilige Elisabeth auf hessischen Geprägen unter besonderer Berücksichtigung der Münzen der Landgrafen Wilhelm I. des Älteren ( ) und Wilhelm II. des Mittleren ( ) Die Schmalkaldischen Bundestaler hessisch-sächsische Gemeinschaftsprägungen für die Mitglieder des Schmalkaldischen Bundes Landgraf Ludwig V. von Hessen-Darmstadt, genannt der Getreue ( ) Ein bisher uneditierter Gnadenpfennig Landgraf Ludwigs V. von Hessen-Darmstadt aus dem Jahre Friedrich von Hessen-Darmstadt, Kardinal und Fürstbischof von Breslau Eine Betrachtung über die Palmbaum-/ Weidenbaumtaler der Landgrafen Wilhelm V. ( ) und Wilhelm VI. ( ) von Hessen-Kassel Ein halber Reichstaler für die Abtei Hersfeld Die Schiffstaler Landgraf Wilhelms VI. des Gerechten von Hessen-Kassel ( ) Hessische Bergbaumünzen unter besonderer Berücksichtigung der Ittertaler Landgraf Ernst Ludwigs von Hessen-Darmstadt ( ) Landgraf Carl von Hessen-Kassel ( ) und hessische Prinzen in der Zeit der Koalitionskriege

6 Landgraf Carl von Hessen-Kassel und seine Schwanenmedaillen Landgraf Ludwig VIII. von HessenDarmstadt Der Medaillenreiche Friedrich I., Landgraf von Hessen-Kassel und König von Schweden ( ) Die Sterntaler Landgraf Friedrichs II. von Hessen-Kassel ( ) Die Großherzöge Ludwig II. und Ludwig III. und die Zeit von 1830 bis Der lange Weg Hessens nach Fulda Wilhelm I. Kurfürst von Hessen-Kassel, Großherzog von Fulda Julius Jakob Freiherr von Haynau, , ein Sohn Kurfürst Wilhelms I. in österreichischen Diensten Kurfürst Wilhelm II. von Hessen-Kassel Die Kurfürsten von Hessen-Kassel, ihre Zeit und die kurhessische Verfassung von ,319

7 Vorwort Die vorliegenden Aufsätze sind Betrachtungen zur hessischen Numismatik, beruhend auf dem Studium neuerer und älterer Literatur und der Auswertung von Münzmaterial aus verschiedenen Sammlungen und Verkaufs- und Auktionskatalogen. Mein besonderer Dank gilt Herrn Christoph Raab von der Münzhandlung Dr. Busso Peus, Frankfurt, Herrn Wolfgang Rittig, Münzhandlung, Schwelm, Herrn Rudolf Künker, Münzhandlung, Osnabrück, und einigen privaten Sammlern, die mir mit Rat und Tat zur Seite standen und sich auch bereit erklärten, mir durch die Bereitstellung geeigneten Münzmaterials bei der Gestaltung der Artikel behilflich zu sein. Dr. Wolfgang Eichelmann Buseck, im Januar 2010 Vorwort zur Neuauflage Die positive Reaktion vieler hessischer Numismatiker auf dieses Buch hat mich sehr gefreut. Mit großem Interesse und mit Dank habe ich ihre Anregungen, Anmerkungen und die immer wohlwollende Kritik aufgenommen. Das Ergebnis war, dass ich einige Texte überarbeitet, erweitert und zum Teil mit zusätzlichen Abbildungen versehen habe. Außerdem wurden dem Buch weitere Kapitel über Münzen und Medaillen von Hessen-Darmstadt und hessischen Nebenlinien zugefügt. Durch verschiedene äußere Umstände bedingt erschien mir eine Neuauflage dieses Buches als gegeben. Dr. Wolfgang Eichelmann Buseck im Mai 2017

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9 Terra Hassia vom Nebenland der Landgrafschaft Thüringen zur eigenständigen Landgrafschaft Hessen

10 Hessen unter den ludowingischen Landgrafen von Thüringen Hessen unter den ludowingischen Landgrafen von Thüringen Landgraf Ludwig I. ( 1140) und Heinrich Raspe I. ( 1130) von Thüringen Die erste Verbindung Hessens mit Thüringen erfolgte unter Bonifatius, der in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts den Hessengau missionierte. Er gründete um 720 Klöster in Fritzlar und in Amöneburg und schloss die Missionierung Hessens mit der Gründung der Diözese Büraburg im Jahr 741/742 ab. Bonifatius vereinigte schließlich Büraburg mit seiner Diözese Erfurt. Damit war der Norden Hessens im kirchlichen Bereich Thüringen angeschlossen und dem Bistum Mainz unterstellt, im säkularen war er eine fränkische Grafschaft. Die hochmittelalterlichen Grafschaftsverhältnisse in Hessen sind schwer überschaubar. Demandt schreibt dazu: Die geschichtliche Überlieferung läßt klar bedeutende und unbedeutende Grafen und Grafensippen erkennen, wie etwa die Rupertiner und Konradiner, die Nüringer, die LuxemburgGleiberger und die Wernerschen Grafen...Für jene großen Geschlechter ist kennzeichnend, daß es politische Familien waren; nicht einheimisch, sondern auf Grund der politischen Verhältnisse vom Reich nach Hessen gebracht; hier wegen ihrer Stellung am Königshof und in der Reichspolitik mit großer Macht und einflußreichen Amtsstellungen (Grafschaften, Vogteien) ausgestattet, aber ebenso mit dem Wandel der politischen Lage wieder beseitigt oder vorher verbraucht und erloschen (wie die Grafen Werner) gelangten die Ludowinger in den Besitz der Grafschaft Hessen und des Lahngaus. In diesem Jahr starben die beiden hessischen Grafenhäuser aus, die Grafen Werner, die aus Schwaben stammten und seit 1027 die Grafschaft Hessen, die etwa dem heutigen Niederhessen entsprach, mit der Grafschaft Maden, dem Gebiet um Gudensberg, das seit dem 10. Jahrhundert ein mainzisches Lehen war, und Vogteien 10 über die Abteien Fritzlar, Breitenau, Wetter und Hasungen besaßen, und die Gisonen, die den Lahngau, der etwa dem heutigen Oberhessen entsprach, beherrschten und die Vogtei der Reichsabtei Hersfeld inne hatten. Zunächst beerbten die Gisonen das Grafenhaus der Werner. Aber bereits kurz nach der Erbschaft starb der letzte Graf von Gudensberg, Giso IV. Die Erben dieser Grafschaften und Vogteien waren die Witwe des Grafen Giso IV. und dessen Stieftochter, die beide Hedwig hießen. Ludwig, der spätere, erste Landgraf von Thüringen, heiratete die Stieftochter Hedwig und erhielt den Lahngau und die Vogteirechte aus dem Wernerschen Erbe. Sein Bruder Heinrich Raspe I., der Bannerträger Kaiser Lothars III. von Supplinburg wurde, heiratete die Witwe Hedwig und wurde so Graf von Hessen/Gudensberg und Hersfelder Domvogt. So entstand das Kuriosum, dass Ludwig der Schwiegersohn seines jüngeren Bruders Heinrich Raspe wurde. Der Anfall von Hessen bedeutete einen erheblichen Zugewinn an Macht und Land, insbesonders der Gewinn der Vogtei des Reichsklosters Hersfeld, das in Thüringen beträchtlichen Besitz hatte, und somit die ludowingische Position in Thüringen erheblich stärkte. Dies zeigte sich besonders deutlich als Heinrich Raspe III., der Enkel Ludwigs I., kinderlos starb und daraufhin die Reichsvogtei Hersfeld ihre Lehen einzog. Es brach zwischen dem Landgrafen von Thüringen und dem Reichsabt von Hersfeld darüber ein heftiger Streit aus und letztlich verblieb nur ein geringer Teil dieses Lehensbesitzes beim Thüringer Landgrafen. Aus dem Erbe der Hessen- und Lahngaugrafen formten die Ludowinger das Land Hessen, terra Hassia. Sie erbten damit aber auch den Streit und die Probleme mit dem Erzbistum Mainz, das in Thüringen und in Hessen einen gewichtigen Machtfaktor darstellte. Es besaß große Gebiete um und mit den Städten Erfurt und Fritzlar, im Rheingau um Bingen, im Eichsfeld, die Abtei Seligenstadt und die Reichsabtei Lorsch an der Bergstraße. Durch den Erwerb des Landes Hessen waren die Ludowinger nun selbst zum mächtigsten Grafengeschlecht in Thüringen geworden, dem dort allerdings der Makel anhaftete, zugewandert zu sein, und so keinen allzu großen und sicheren Rückhalt bei den alteingesessenen Dynasten hatte. Die heimische Machtposition, anhaltende Spannungen mit dem Mainzer Erzbischof in Hessen und Thüringen und auch die salische

11 Landgraf Ludwig II. von Thüringen Restitutionspolitik führten dazu, dass die Ludowinger sich der antisalischen Fürstenopposition um den Sachsenherzog Lothar von Supplinburg anschlossen wurde Hermann II. von Winzenburg, der Landgraf von Thüringen, wegen der Anstiftung zu einem Mordanschlag seines Amtes enthoben. König Lothar III. ernannte jetzt eingedenk alter Waffenbrüderschaft und Gefolgschaft zu Zeiten der Fürstenopposition 1131 Ludwig auf einem Hoftag in Quedlinburg zum Landgrafen von Thüringen und bestätigte ihn auf dem anschließenden Reichstag in Goslar in seinem neuen Amt. Man kann davon ausgehen, dass es in König Lothars Interesse lag, die Territorien im Osten des Reiches mit königstreuen Landesfürsten zu besetzen, die seine Ostpolitik trugen und durchsetzten auch zu ihrem eigenen Vorteil, und seine Reichspolitik stützten. Im besonderen Falle Thüringens bedeutete die Erhebung der erstarkten Ludowinger zu Landgrafen, dass sie die politischen und besonders die territorialen Interessen des Erzbischofs von Mainz schon vor den Grenzen des Herzogtums Sachsen banden und auch eventuelle westwärts gerichtete territoriale Bestrebungen der wettinischen Markgrafen verhinderten. Von einer eigenständigen Münzprägung Landgraf Ludwigs I. ist nichts überliefert, auch sind keine Münzen von ihm bekannt. Landgraf Ludwig II. von Thüringen ( ) Im Januar 1140 starb Landgraf Ludwig I. und bereits im Februar wurde sein erst zwölfjähriger Sohn Ludwig II., den man später wegen seines harten Durchgreifens im Interesse einer mehr zentralen Landesmacht und zur Erhaltung des Landesfriedens den Eisernen nannte, auf dem Reichstag zu Worms mit der Landgrafschaft Thüringen belehnt. Unter seiner Herrschaft begann der zielstrebige Ausbau der Landgrafschaft verwaltungsmäßig mit der Einrichtung einer Kanzlei auf der Wartburg und wirtschaftlich mit der Eröffnung von Münzstätten 1140 in Marburg, 1150 in Eisenach und etwas später in Gotha. Die Versorgung der Landgrafschaft Thüringens und des Landes Hessen mit Umlaufgeld erfolgte bis dahin hauptsächlich durch die Münzstätte des Erzbischofs von Mainz in Erfurt, wo seit 1025/1030 Denare und Abb. 1. Landgraf Ludwig II. von Thüringen, , Reiterbrakteat, Münzstätte Eisenach, reitender Landgraf mit Flagge und Schild zwischen zwei Türmen. Auf den Türmen je ein Bogenschütze. Abb. 2. Landgräfin Jutta von Thüringen, gest. 1191, Münzstätte vermutlich Weißensee, der Witwensitz der Landgräfin. Im Damensitz reitende Landgräfin. Hälblinge geprägt wurden und zwischen 1120 und 1130 unter Erzbischof Adalbert ( ) die Brakteatenprägung begann, und in geringerem Umfang auch durch Münzstätten anderer geistlicher Münzherren, so dem Kloster Saalfeld (vor 1120), das der Oberhoheit des Erzbischofs von Köln unterstand, dem Frauenstift zum heiligen Kreuz in Nordhausen (vor 1130) und dem Kloster Pegau, wo bereits um 1115/1120 gemünzt wurde, dessen Münzstätte aber erst 1172 urkundlich erwähnt wurde. Dass die Ausübung des Münzrechtes von den geistlichen Fürsten, besonders von den Klöstern, wahrgenommen wurde, hatte seinen Grund darin, dass sie über ausreichendes Münzsilber verfügten, das wohl zumeist aus Stiftungen stammte. Lediglich Saalfeld hatte eine Silbergrube in Betrieb. Landgraf Ludwig II. der Eiserne ließ seine ersten Brakteaten um 1145 vermutlich noch in der erzbischöflichen Münzstätte in Erfurt schlagen, so dass sie sich kaum von den dortigen erzbischöflichen Geprägen unterschieden. Für den Aufbau einer eigenen Münzstätte in Eisenach um 1150 nahm er die Hilfe des Erfurter Bischofs in Anspruch. Vermutlich wurden die ersten 11

12 Landgraf Ludwig II. von Thüringen landgräflichen Stempelschneider in der Münzstätte in Erfurt ausgebildet. Das Münzbild der neuen landgräflichen Münzstätte in Eisenach war das des reitenden Landgrafen, der Reiterbrakteat. In den alten thüringischen Kerngebieten zwischen Saale und Unstrut wurden in alter Zeit die verstorbenen Fürsten als Zeichen ihrers Standes zusammen mit ihren Pferden begraben. Es ist durchaus denkbar, dass Landgraf Ludwig II. auf diese alte Tradition Bezug nahm, um seine Standeswürde zu unterstreichen. Zugleich knüpfte er mit der Darstellung als Reiter an römische und karolingische Kaiserdarstellungen an, wohl um seine Nähe und Verbundenheit zum Kaiser zu dokumentieren. Das Reiterbild wurde von der 1132 von König Konrad gegründeten Münzstätte in Mühlhausen übernommen. Der Aufbau der Münzstätte in Eisenach war für den Landgrafen eine wirtschaftliche und wirtschaftspolitische Notwendigkeit, um den Westen Thüringens ökonomisch und strukturell zu erschließen und so den hessischen und den thüringischen Landesteil miteinander zu verbinden, als auch um eine eigene, für ihn fiskalisch nutzbare Währung zu schaffen. Vor der Gründung der Eisenacher Münzstätte hatten die Ludowinger bereits eine in Marburg errichtet. Auch hier ging es offensichtlich um die Eigenständigkeit der Währung. Als die Ludowinger Hessen erwarben, lag das hessische Münzwesen in den Händen geistlicher Fürsten. Die Münzversorgung erfolgte hier ebenfalls hauptsächlich vom Erzbistum Mainz aus, aber auch vom Kloster Helmarshausen an der Diemel, das 997 von Kaiser Otto III. das Münzrecht erhalten hatte. Etwas später folgten Fritzlar, wo seit König Konrad II. ( ) Nachahmungen von Coloniapfennigen geprägt wurden, und die beiden Reichsklöster Fulda (1019) und Hersfeld, wo man zwischen 1130 und 1150 mit der Prägung von Brakteaten begann. In der Münzstätte Eschwege wurden seit 1140/1150 unter den Äbtissinnen Juditha und Gertrude Brakteaten geschlagen, 1188 erhielt die Äbtissin Gertrude von Kaiser Friedrich Barbarossa das unbeschränkte Nutzungsrecht über die Eschweger Münze, den Markt und den Zoll. Zur weiteren Konsolidierung ihrer landgräflichen Machtposition bauten die Ludowinger Städte aus und befestigten sie, wie Kassel, und gründeten Städte, wie Grünberg, Melsungen und Alsfeld. Wie 12 Abb. 3. Konrad II. Abt von Fulda, , sitzender Bischof mit Mitra, Buch und Bischofsstab, Umschrift im Doppelkreis CVNRADVS ABBAS CVNRA. Die Äbte von Fulda hatten die päpstliche Erlaubnis, die Insignien eines Bischofs zu tragen. Abb. 4. Heinrich III. Abt von Fulda, , Büste eines Bischofs mit Bischofsstab und Palmwedel. Trugschrift im Doppelkreis. Abb. 5. Heinrich I. von Biengarten, Abt von Hersfeld, , Brustbild eines Abtes nach links mit Hirtenstab, Umschrift: (I.Hei) NRICV(S) A(bbas). Abb. 6. Gertrud, Äbtissin von Eschwege, , Äbtissin mit Palmwedel und Buch, Umschrift: ABBATISSAGV CRVTINESREN (Abbatissa Gertrud in Eskenwage).

13 Landgraf Ludwig III. von Thüringen Abb. 7. Landgraf Ludwig III. von Thüringen, , Reiterbrakteat, Münztätte Eisenach, reitender Landgraf mit Flagge und Löwenschild, im Doppelkreis Trugschrift. hoch das Ansehen der Ludowinger geworden war, zeigte sich darin, dass Landgraf Ludwig II. der Eiserne 1150 Jutta, die Nichte König Konrads III., die Halbschwester des späteren Kaisers Friedrich I. Barbarossa, heiratete. Diese Verbindung war noch auf Konrads Königswahl 1138 zurückzuführen, bei der Landgraf Ludwig I. und sein Bruder Udo, der Bischof von Naumburg, die Wahl des Staufers zum deutschen König unterstützt hatten. Das enge Verhältnis der thüringischen Landgrafen zu den Staufern war aber nicht nur ein familiäres. Gleiche macht- und militärpolitische Interessen verbanden Kaiser Friedrich I. Barbarossa und Landgraf Ludwig II. den Eisernen. Es war vor allem die gemeinsame Gegnerschaft zum Erzbischof von Mainz, der stauferfeindlich und papstergeben eingestellt war und in Hessen und Thüringen eine eigene, den landgräflichen Vorhaben entgegengesetzte Territorialpolitik betrieb, die Landgraf Ludwig II. zu militärischen Aktionen wie der Zerstörung der Erfurter Stadtbefestigung 1165 und der mainzischen Stützpunkte Rusteberg und Horburg im Eichsfeld veranlasste. Für die Beschränkung der erzbischöflichen Macht in Erfurt hatte der Landgraf die volle Rückendeckung des Kaisers. Noch früher als die Staufer geriet Landgraf Ludwig II. der Eiserne mit dem Sachsenherzog Heinrich dem Löwen in Konflikt, der seine Besitzungen in Bayern und Sachsen in den Herrschaftsbereich der Ludowinger auszudehnen versuchte und so die Landgrafschaft Thüringen in die Zange nahm. Auch durch die Bindung einiger alteingesessener Herrschaften an sich trachtete er, seinen Einfluss in Thüringen zu vergrößern. So provozierte Herzog Heinrich der Löwe Landgraf Ludwig II. zu kriegerischen Auseinandersetzungen, die in der Belagerung von Haldensleben durch den Landgraf 1166/1167 gipfelten und von Kaiser Friedrich I. Barbarossa schließlich geschlichtet werden mussten starb Landgraf Ludwig der Eiserne. Landgraf Ludwig III. von Thüringen ( ) Landgraf Ludwig III. erbte von seinem Vater den Streit mit Herzog Heinrich dem Löwen. Er war ein getreuer Anhänger des staufischen Kaisers und wurde zu einem der erbittertsten Gegner des Sachsenherzogs. Der Hoftag von Gelnhausen 1180 war für Landgraf Ludwig III. von herausragender Bedeutung. Mit der hier ausgestellten Gelnhäuser Urkunde wurde der Landgraf von Thüringen mit der Pfalz Sachsen, einem Fahnlehen, belehnt, damit in den Reichsfürstenstand erhoben und den Herzögen ranggleich gestellt. Im ludowingischen Herrschaftsgebiet kam es zu einer Teilung der Regierungsgeschäfte. Landgraf Ludwig III., der die Beinamen der Milde und der Fromme erhielt, verwaltete die Landgrafschaft Thüringen, sein Bruder Heinrich Raspe III. das Land Hessen und sein jüngster Bruder Hermann die Pfalz Sachsen. Um sich von seinen Brüdern heraldisch zu unterscheiden, führte Hermann in dieser Zeit den Adler der Pfalz Sachsen in seinem Schild. Die Oberhoheit über alle Gebiete verblieb aber beim Landgrafen von Thüringen gelang es den Ludowingern, Rechte auf die Grafschaft Ziegenhain zu erwerben, die den Rechtsanspruch auf ihre spätere Eingliederung in die Landgrafschaft Hessen begründeten starb Heinrich Raspe III., und Hessen wurde von Ludwig III. mitregiert. Bis 1186 nannte er sich daher auch Graf von Hessen. Dann erreichte er von seinem kaiserlichen Onkel die Sanktionierung der Oberhoheit über Hessen, das Rektorat. Die Oberherrschaft in Hessen war ihrer Natur nach ein Politikum und ein Rechtsmittel, das sich gegen den Erzbischof von Mainz richtete. So konnte jetzt der Landgraf von Thüringen seinem Lehnsherrn und Lehensgeber, dem Mainzer Erzbischof, aufgrund seiner fürstlichen Obergewalt rechtsverbindliche Vorschriften machen, wie ihm die Anlage von Burgen zu verbieten. Damit war der Erzbischof von Mainz in den hessisch-ludo- 13

14 Landgraf Hermann I. von Thüringen Abb. 8. Landgraf Hermann I. von Thüringen, , Reiterbrakteat, 1208, Münzstätte Eisenach, über einem Gebäude der reitende Landgraf mit Flagge und Löwenschild, Trugschrift in einem Doppelkreis. wingischen Gebieten entmachtet. Der Preis für die kaiserliche Anerkennung der ludowingischen Oberhoheit in Hessen war die Teilnahme Landgraf Ludwigs III. des Frommen am dritten Kreuzzug, von dem weder Kaiser Friedrich I. Barbarossa, der im Fluss Saleph in Kleinasien ertrank, noch Landgraf Ludwig III., der 1190 auf einem Schiff auf der Fahrt nach Zypern starb, zurückkehrten. Landgraf Hermann I. von Thüringen ( ) Der Übergang der ludowingischen Reichslehen an Landgraf Hermann I. erfolgte nicht reibungslos. Der neue Kaiser Heinrich VI., der Sohn von Kaiser Friedrich I. Barbarossa, wollte zunächst diese Reichslehen als heimgefallene Lehen einziehen, was auf der Linie seiner Restitutionspolitik von Reichsgut lag. Nur Hermanns Protest und wahrscheinlich mehr noch die Fürsprache der Landgräfin Jutta, des neuen Kaisers Tante, konnten ihn von diesem Vorhaben abbringen. Aber seitdem war das Verhältnis Landgraf Hermanns zum staufischen Kaisertum recht unterkühlt, und er wechselte je nach den politischen Umständen zwischen Welfen und Staufern. Im kulturellen Bereich machte er die Wartburg zu einem Zentrum der Dichtung und des Minnegesangs man denke nur an den berühmten Sängerstreit und an Walther von der Vogelweide, der längere Zeit auf der Wartburg lebte starb Landgraf Hermann I. Sein Nachfolger war Landgraf Ludwig IV. 14 Abb. 9. Landgraf Hermann I. von Thüringen, , Reiterbrakteat, 1210, Münzstätte Eisenach, über einem Bauwerk mit drei Türmen der reitende Landgraf mit Flagge und Löwenschild, Trugschrift im Doppelkreis. Abb. 10. Landgraf Hermann I. von Thüringen als Pfalzgraf von Sachsen, Münzstätte Eisenach, über Gebäuden mit mehreren Türmen der reitende Landgraf mit Flagge und Adlerschild, Trugschrift im Doppelkreis. Abb. 11. Landgraf Hermann I. von Thüringen, , Münzstätte Alsfeld, stehender Landgraf mit Szepter und Flagge, neben ihm zwei Gebäude, Trugschrift im Doppelkreis. Abb. 12. Landgraf Hermann I. von Thüringen, , Münzstätte Rothenburg an der Fulda, stehender Landgraf mit Szepter und Schwert, neben ihm zwei Türme, Trugschrift im Doppelkreis.

15 Landgraf Ludwig IV. von Thüringen Abb. 13. Landgraf Ludwig IV. von Thüringen, 1220, Münzstätte Kassel, reitender Landgraf mit Flagge und Schild, über dem Pferdekopf ein Löwenkopf (Zeichen für die Landgrafschaft Thüringen), hinter dem Landgraf ein Gebäude mit Turm. Anfang des 13. Jahrhunderts setzten sich in Hessen in den von den Staufern und von Thüringen beherrschten und beeinflussten Gebieten die Brakteaten durch. Um eine bessere Versorgung des hessischen Landesteiles mit Brakteaten zu erreichen und die lokalen Märkte mit ausreichendem Geld zu versorgen, wurden unter Landgraf Hermann und seinem Bruder und späteren Nachfolger Ludwig IV. neue Münzstätten errichtet, so in Alsfeld, urkundlich 1222 erstmalig genannt, in Kassel, wo wahrscheinlich schon seit Landgraf Ludwig III. eine Münzstätte bestand, die aber erst 1239 urkundlich erwähnt wurde, und in Rothenburg an der Fulda. Landgraf Ludwig IV. von Thüringen ( ) In Thüringen wurde die Landespolitik nach dem Tod Landgraf Hermanns I. im Jahr 1217 und dem Dietrichs des Bedrängten, Markgraf von Meißen, im Jahr 1221 durch die Vormundschaft Landgraf Ludwigs IV. über seinen Neffen Heinrich, der später den Beinamen illustris, der Erlauchte, erhielt, bestimmt und richtete sich auf die Mark Meißen aus erreichte Landgraf Ludwig IV. von Kaiser Friedrich II. die Eventualbelehnung mit der Mark Meißen. Der Preis dafür war die Begleitung des Kaisers auf dem fünften Kreuzzug. Dieser begann mit einer Katastrophe. Das Kreuzfahrerheer wurde von einer schweren Seuche heimgesucht, der auch Landgraf Ludwig IV. zum Opfer fiel, so dass der Kaiser den Kreuzzug abbrechen musste. Landgraf Ludwig IV. von Thüringen war mit Elisabeth von Ungarn verheiratet, der späteren heili- Abb. 14. Landgraf Ludwig IV. von Thüringen, , Münzstätte Marburg, sitzender Landgraf mit Schwert und Lilienszepter zwischen zwei Türmen. Abb. 15. Landgraf Ludwig IV. von Thüringen. in einem Perlkreis ein thronendes Herrscherpaar, links der Herrscher mit Schwert und einem kleinen Kreuz auf der linken Seite seines Mantels, rechts die Herrscherin mit Lilienszepter und Reichsapfel gen Elisabeth. Er hinterließ drei Kinder, Sophie, die spätere Herzogin von Brabant, Gertrud, die Äbtissin von Altenberg wurde, und Hermann II. Landgraf Ludwigs Bruder Heinrich Raspe IV. wurde der Vormund seines Neffen Hermann II. und damit Regent der Landgrafschaft Thüringen. Ludwigs jüngster Bruder Konrad erhielt die Herrschaft über das Land Hessen. Im Landesmuseum Kassel befindet sich ein einzigartiger Brakteat aus dem Fund von Niederkaufungen. Er zeigt ein thronendes, weltliches Herrscherpaar. Es ist das einzige bekannte zeitgenössische numismatische Zeugnis, das mit Landgraf Ludwig IV. und seiner Gemahlin Elisabeth in Zusammenhang gebracht werden kann. Der Landgraf trägt ein Barett, hält in seiner rechten Hand ein Schwert und auf der linken Seite seines Mantels befindet sich ein Kreuz, das ihn als Kreuzfahrer ausweist. Die Landgräfin hält in ihrer rechten Hand als Insignien der Macht ein Lilienszepter und in ihrer linken einen Reichsapfel. Dies kann so gedeutet werden, dass sie für die Zeit der durch den Kreuzzug bedingten Abwesenheit ihres Gemahls die Herrschaft über die Landgrafschaft inne hat. 15

16 Die Landgrafen Hermann II. und Heinrich Raspe IV. von Thüringen Abb. 16. Landgraf Heinrich Raspe IV. von Thüringen, Münzstätte Marburg Zwei Köpfe unter einem Doppelbogen, darüber das Brustbild des Landgrafen mit zwei Szeptern, als Randinschrift VVVV Abb. 17. Landgraf Hermann II. von Thüringen, , Münzstätte Kassel, reitender Landgraf mit Flagge und Löwenschild, hinter dem Landgrafen ein Jagdhorn, Umschrift: C E S V Die Landgrafen Hermann II. ( ) und Heinrich Raspe IV. von Thüringen ( ), seit 1246 Gegenkönig Nach dem Tod Landgraf Ludwigs IV. ( 1227) verschaffte sich dessen Bruder Heinrich Raspe IV. von Kaiser Friedrich II. die Belehnung mit der Landgrafschaft Thüringen und der Pfalz Sachsen erhielt sein Bruder Konrad das Land Hessen und die Mitbelehnung mit den Lehen des Landgrafen Heinrich Raspe IV. In die Mitbelehnung wurde auch Landgraf Ludwigs IV. Sohn Hermann II., der bis 1238 unter Heinrich Raspes IV. Vormundschaft stand, aufgenommen. Nach dem Eintritt Landgraf Konrads von Hessen in den Deutschen Orden fiel die Herrschaft über Hessen an Landgraf Hermann II. Dieser nannte sich nun in einer Urkunde aus dem Jahr 1241 junior Thuringiae Lantgravius, comes Hassiae et dominus terrae prope Laynam der jüngere Landgraf von Thüringen, Graf von Hessen und Herr des Landes an der Leine. Das letztere Gebiet war Abb. 18. Landgraf Hermann II. von Thüringen, , In einem Kerbkreis der reitende Landgraf nach links mit Lanze und Löwenschild. Über der Kruppe des Pferdes eine befußte Lilie. Auf dem Außenrand die Umschruft h E R I Herimanus/ Hermann nach dem Tod des Rheingrafen Heinrich an Thüringen gefallen. Die Herrschaftsverhältnisse in Thüringen nach dem Tod Landgraf Ludwigs IV. werden auf dem Brakteaten Landgraf Heinrich Raspes IV. deutlich aufgezeigt Heinrich Raspe mit gleich zwei Szeptern und unter ihm in zwei Bögen eingeengt zwei Köpfe, den seines Mündels Hermann II. und den seines Bruders Konrad. (Abb. 16). Auf einem in der hessischen Münzstätte Kassel geschlagenem Reiterbrakteaten Landgraf Hermanns II. findet sich als Randinschrift C E S V (Abb. 17), die von Buchenau wie folgt gelesen wird: Communis Examinatus Sincerus Valens Währungsmünze, geprüft, lauter, gültig. Diese Lesart nimmt Bezug auf das Statutum per favorem principium von 1232, in dem der Kaiser garantiert, dass er in keinem Land eines Fürsten Geld schlagen lassen werde, das den Wert des Geldes des Fürsten mindert, und auf ein kaiserliches Edikt aus demselben Jahr, das festlegt, dass in einer Stadt, in der Münzen geschlagen werden, Waren nur mit den Pfennigen bezahlt werden sollen, die die Währung der Stadt bilden. Dieser Brakteat wäre der einzige, auf dem Bezug auf eine Münzvorschrift genommen wird. Eine andere Lesart gibt folgende Deutung: Comes [Hassiae Sanctae] Elisabethae Sepulcri Vigil der Graf von Hessen ist der Wächter des Grabes der heiligen Elisabeth wurde Hermanns Mutter Elisabeth kanonisiert, und im selben Jahr starb in Rom sein Onkel Konrad, der, bevor er 1234 in den Deutschen Orden eintrat und Deutschordenshochmeister wurde, Herr von Hessen war. Er wurde in Marburg in der Elisabethenkirche, der Grabkirche seiner Schwägerin Elisabeth, beigesetzt. Die Elisabethenkirche war zugleich die Ordenskirche der Ballei Hessen. Offensichtlich sah sich

17 Die Landgrafen Hermann II. und Heinrich Raspe IV. von Thüringen Landgraf Hermann in der Nachfolge seines Onkels und übernahm zusammen mit dem Deutschen Orden die Verantwortung für das Grab seiner Mutter. Zugleich begründete er damit seinen Herrschaftsanspruch auf Hessen. Man muss hier auch sehen, dass das Verhältnis Landgraf Heinrich Raspes zu seiner Schwägerin Elisabeth nicht das beste gewesen ist und dass er sie nach dem Tod ihres Mannes zum Verlassen der Wartburg genötigt hatte. Um 1241 muss es zwischen Landgraf Heinrich Raspe IV. und dem jungen Landgraf Hermann II. zu einer Auseinandersetzung gekommen sein, in der es sicher um Herrschaftsansprüche in Hessen und Thüringen ging, vielleicht sogar um die Aufteilung des Landes, die zumindest Landgraf Hermann II. als endgültig ansah. Er legte nämlich das Thüringer Wappen ab und nahm das der Markgrafen von Meißen an, was er mit der Eventualbelehnung mit der Mark Meißen durch den Kaiser nach seines Vaters Tod begründete. Zwangsläufig kam es zwischen ihm und Markgraf Heinrich dem Erlauchten zu einem Wappenstreit, dessen Ausgang nicht bekannt ist, weil Landgraf Hermann II ermordet wurde. Unter Hermanns Erben scheint es eine Absprache derart gegeben zu haben, dass Landgraf Heinrich Raspe IV. in Hermanns Immobiliarnachlass nachfolgte, dass Sophie, seine Schwester, nach Heinrich Raspes IV. Tod den von Landgraf Hermann regierten hessischen Landesteil erhalten sollte, und dass auf Helene von Braunschweig, Hermanns Ehefrau, die noch im Kindesalter war, gemäß ihres Ehevertrages das Land an der Leine übergehen sollte. Für eine solche Übereinkunft spricht auch, dass diese Positionen bei allen Beteiligten im späteren hessischthüringischen Erbfolgekrieg nicht strittig waren, bei dem es ja zunächst nur um die Aussonderung des landgräflichen Eigenbesitzes aus dem Zubehör der Reichsfürstentümer ging und um dessen Verteilung unter den vollbürtigen Geschwisterkindern Landgraf Heinrich Raspes IV. Selbst als dieser Krieg dann seine Eigendynamik entwickelte, wurden die Kernpunkte dieser Absprache respektiert. Noch bei der zweiten Bannung Kaiser Friedrichs II versuchte Heinrich Raspe IV. zusammen mit einigen anderen Fürsten bei Papst Gregor IX. zu vermitteln, um den Kaiser aus dem päpstlichen Verdikt zu lösen. Das brachte dem Landgrafen selbst den Bann ein, was nur zeigte, wie ver- härtet die Fronten zwischen Kaiser und Papst waren wurde Heinrich Raspe IV. Reichsprokurator für Konrad, den Sohn des Kaisers. Nachdem der Heilige Stuhl nach zweijähriger Vakanz wieder besetzt war und sich ein Wiederaufleben der Auseinandersetzungen zwischen Papst und Kaiser anbahnte, erlangte Heinrich Raspe IV. am 30. Juni 1243 in Benevent beim Kaiser die Eventualbelehnung seines Vetters Heinrich, des Markgrafen von Meißen, mit der Landgrafschaft Thüringen, denn Heinrich Raspe IV. war der letzte noch lebende männliche Ludowinger und war in dritter Ehe noch immer kinderlos. Er neigte jedoch zunehmend der päpstlichen Partei zu und ließ sich, nachdem Kaiser Friedrich II auf dem Konzil von Lyon unter einer mehr als zweifelhaften Argumentation von Papst Innozenz IV. für abgesetzt erklärt wurde, 1246 von den drei rheinischen Erzbischöfen und einigen hessischen, wetterauischen und thüringischen Grafen zum Gegenkönig wählen. Seinen Abfall vom Kaiser ließ er sich mit Mark Silber bezahlen, die er aber nie erhielt, weil Kaiser Friedrich II. Kenntnis von dem Geldtransport erhielt, ihn überfallen ließ und das Geld nun für seine Zwecke einbehielt und verwendete. Auch konnte Heinrich Raspe IV., der nie gekrönt wurde, sich und sein Gegenkönigtum nicht durchsetzen starb Landgraf Heinrich Raspe IV. Für seine Erben entstand nun eine schwierige Situation, denn es bestand die Gefahr, dass die Reichslehen der Ludowinger jetzt als erledigte heimfielen. Herzog Heinrich II. von Brabant brach daher sofort mit einer Heeresmacht auf, um in Hessen die Erbrechte seiner Frau Sophie und des gemeinsamen Sohnes Heinrich und in Thüringen die Wittumsrechte seiner Tochter Beatrix aus seiner ersten Ehe, der dritten Ehefrau Heinrich Raspes IV. zu sichern. Die zweite Maßnahme war die Wahl eines neuen Gegenkönigs, wiederum auf Betreiben der rheinischen Erzbischöfe. Sie wählten Graf Wilhelm von Holland, den Neffen Herzog Heinrichs von Brabant, zum Gegenkönig Konrads IV., des Sohnes Kaiser Friedrichs II. So konnten nun die durch Ankäufe und Meliorationen vermehrten Lehensobjekte unter den Erben der Ludowinger aufgeteilt werden. Aber als Herzog Heinrich von Brabant mit bewaffnetem Gefolge 1247 in Marburg und Hersfeld einrückte, war an eine gütliche Einigung der Erben nicht mehr zu denken. 17

18 Der hessisch-thüringische Erbfolgekrieg Abb. 19. Herzogin Sophie von Brabant ( ) als Regentin für ihren Sohn Heinrich, Münzstätte vermutl. Marburg, Kopfbild der Fürstin zwischen zwei Türmen. Abb. 20. Herzogin Sophie von Brabant ( ) als Regentin für ihren Sohn Heinrich, Münzstätte Marburg, Fürstin mit zwei Lilienszeptern auf einem Thron mit zwei beknauften Säulen sitzend, Umschrift M+A+B+V+R+C+h Abb. 21. Markgraf Heinrich von Meißen, der Erlauchte, ( ), sitzender Markgraf mit Schwert und Fahne. Abb. 22. Siegfried III. von Eppstein, Erzbischof von Mainz, ( ), Büste des Erzbischofs mit Krummstab und Buch über einer Leiste. Abb. 23. Herzog Albrecht von Braunschweig,der Große, ( ), Münzstätte Braunschweig, hersehender welfischer Löwe. 18 Der hessisch-thüringische Erbfolgekrieg Die Konfliktparteien dieses Krieges waren folgende: Zum ersten war es Markgraf Heinrich der Erlauchte von Meißen, der Neffe Heinrich Raspes IV., dem Kaiser Friedrich II. noch vor Heinrich Raspes IV. Tod die Landgrafschaft Thüringen zugesagt hatte und der nun das Gesamterbe einforderte. Zum zweiten war es Sophie, die Tochter Landgraf Ludwigs IV. und der inzwischen heilig gesprochenen Elisabeth. Sie war mit Herzog Heinrich II. von Brabant verheiratet und erhob nun für ihren 3-jährigen Sohn Heinrich Anspruch auf die Kirchenlehen, die Grafschaft Maden und die Gebiete an der Werra und der Leine, die ihr Bruder Hermann II. unter Heinrich Raspe IV. verwaltet hatte. Zum dritten war es der Erzbischof von Mainz, der die Grafschaft und das Landgericht Hessen für das Erzstift Mainz einziehen wollte, denn das Erzstift Mainz hatte ein natürliches Interesse, eine Verbindung zwischen seinen Besitzungen in Hessen und denen in Thüringen herzustellen und so eine eigene Landesherrschaft aufzubauen. Durch den plötzlichen Tod Herzog Heinrichs von Brabant verschlechterte sich plötzlich Sophies Situation erheblich. Aber die 24-jährige Fürstin war eine kluge, tatkräftige und unerschrockene Persönlichkeit. Sie kämpfte auch mit militärischen Mitteln für den Erhalt ihres Erbes für ihren minderjährigen Sohn Heinrich, das Kind von Brabant. Sie begab sich nach Hessen und fand Unterstützung bei den Ständen des Landes Hessen. Die Grafen, Ritter, freien Herren und Amtleute einigten sich darauf, das Kind von Brabant als den neuen und rechtmäßigen Herrn von Hessen anzuerkennen starb Sophies größter Widersacher Siegfried III. von Eppstein, der Erzbischof von Mainz gelang es Sophie auf der Wartburg, eine Einigung mit ihrem Cousin Markgraf Heinrich dem Erlauchten von Meißen, dem neuen Landgraf von Thüringen, zu erzielen. Sie kam mit ihm überein, ihm die Wartburg zu überlassen, das Land Hessen zugunsten ihres Sohnes von Thüringen abzutrennen und ihm die Vormundschaft über den minderjährigen Heinrich zu übertragen. Dadurch wurde Markgraf Heinrich ihr wichtigster Verbündeter gegen den Erzbischof von Mainz schloss der Markgraf mit Gerhard,

19 Der hessisch-thüringische Erbfolgekrieg Abb. 24. Landgraf Heinrich I. und Fürstin Sophie, Münzstätte vermutlich Marburg, gelockter Landgraf und Fürstin nebeneinander auf einem Thron sitzend, Umschrift: N + N + N + N + Abb. 25. Landgraf Heinrich I. von Hessen, ( ), Münzstätte Marburg, in einem Perlkreis hersehender bekrönter Löwe, Rand mit Kugeln besetzt. Abb. 26. Landgraf Heinrich I. von Hessen, ( ), in einem Perlkreis gelockter Kopf über einer Brüstung unter einem Bogen zwischen zwei Türmen, darüber ein Gebäude, Rand mit Kugeln besetzt. Abb. 27. Landgraf Heinrich I. von Hessen ( ), Brakteat, in einem Perlkreis über einem Bogen das Brustbild des Landgrafen mit zwei Löwenschilden (Hessen und Brabant). Abb. 28. Werner von Eppstein, Erzbischof von Mainz, ( ), Münzstätte Amöneburg, in einem Perlkreis Kopfbild des Erzbischofs mit Mitra, Rand mit Kreuzen besetzt dem neuen Erzbischof von Mainz, einen Vergleich. Gegen Zahlung von 1000 Mark Silber erhielt er alle mainzischen Lehen in Thüringen und vereinbarte für Hessen einen Waffenstillstand bis zum Tage der Volljährigkeit seines Mündels am 24. Juni Wegen dieses Separatfriedens musste sich Herzogin Sophie nun nach einem neuen Verbündeten umsehen. Sie fand ihn in Herzog Albrecht von Braunschweig, dem Bruder ihrer ehemaligen Schwägerin Helene, mit dem sie ihre 11-jährige Tochter Elisabeth ( 1261) verlobte und dem sie als Mitgift die Stadt Biedenkopf verpfändete. Weiterhin fand Sophie Unterstützung bei König Wilhelm von Holland, den sie gegen Frankreich unterstützte, und trat 1256 dem rheinischen Bund bei kam es zwischen Herzog Albrecht von Braunschweig und Markgraf Heinrich dem Erlauchten zum Krieg, weil man sich nicht über die Aufteilung des Allodialbesitzes Heinrich Raspes und über die Werrastädte Witzenhausen, Wanfried, Sontra, Allendorf und Eschwege einigen konnte. Im Herbst 1263 fügte Markgraf Heinrich Herzog Albrecht bei Wettin eine schwere Niederlage zu, wobei Herzog Albrecht in meißnische Gefangenschaft geriet. Aus dem Lösegeld des Braunschweigers entschädigte Markgraf Heinrich seine Cousine Fürstin Sophie und ihren Sohn Heinrich für den Verlust der Wartburg und andere von ihnen beanspruchte Erbteile in Thüringen. Auf diesem Wege gelangten auch die Werrastädte endgültig an Hessen. Seit diesem Frieden nannte sich Herzog Heinrich Landgraf, Herr von Hessen Herr oder Fürst von Hessen, so hatte sich Heinrich Raspe IV. genannt, nachdem er die hessischen Landesteile nach dem Tod von Elisabeths Sohn Hermann 1241 für sich in Besitz genommen hatte. Mit dem Titel Herr von Hessen wollte Herzog Heinrich offensichtlich deutlich machen, dass er für sich voll und ganz die von seinen thüringischen Vorfahren in Hessen ausgeübte Herrschaftsgewalt beanspruchte, was wiederum für den Erzbischof von Mainz ein Stein des Anstoßes war. Nach einem 16 Jahre währenden Krieg kam es schließlich auch im Feldlager bei Langsdorf im September 1263 zwischen Sophie, die sich in den Urkunden als Tochter der heiligen Elisabeth, Landgräfin von Thüringen und Herrin von Hessen bezeichnete, und ihrem Sohn Heinrich, der sich hier Landgraf von Thüringen nannte, und Erzbischof Werner von Mainz zum Friedensschluss. Der Erzbischof 19

20 Der hessisch-thüringische Erbfolgekrieg Abb. 29. Erzbischof Werner von Mainz und Landgraf Heinrich I. von Hessen, Münzstätte Wetter, in einem Kerbkreis über einer Brüstung die Brustbilder des infulierten Erzbischofs mit Krummstab und des Landgrafen mit einem Lilienszepter, Rand mit Kugeln belegt Abb. 30. Landgraf Heinrich I. von Hessen und Erzbischof Werner von Mainz, Münzstätte Wetter, in einem Kerbkreis über einer Brüstung die Brustbilder des Landgrafen mit Schapel (Schmuckreif um den Kopf) und des infulierten Erzbischofs, dazwischen ein senkrechter Palmwedel von Mainz überließ der Fürstin und ihrem Sohn alle mainzischen Lehen in Hessen, die Landgraf Hermann innegehabt hatte. Im Gegenzug trugen sie dem Mainzer Erzbischof die allodialen Städte und Burgen Grünberg und Frankenberg zu Lehen auf und zahlten ihm eine nicht unbeträchtliche Geldsumme. In der Münzstätte Wetter prägten Landgraf Heinrich I. von Hessen und Werner von Eppstein, der Erzbischof von Mainz, zwischen 1263 und 1280 gemeinsame Brakteaten. Seit jeher war die Herrschaft über das an der von Mainz nach Wetzlar führenden Weinstraße gelegene Städtchen Wetter zwischen dem Erzstift Mainz und dem Landgraf von Hessen, der Vogt des Stiftes Wetter war, umstritten. Im Vertrag von Langsdorf wurden 1263 die Stadt und die Vogtei zwischen den beiden streitenden Parteien geteilt, so auch die Münzstätte. Um die Gleichberechtigung der beiden Fürsten im Kondominium Wetter zu dokumentieren, wurden Brakteaten geschlagen, wo der Landgraf einmal rechts und einmal links vom Erzbischof sitzend dargestellt ist bestätigte König Adolf von Nassau die Landgrafschaft Hessen ausdrücklich als Reichsfürstentum. Die Erzbischöfe von Mainz hingegen versuchten noch bis 1415 mit allen ihnen zur Verfügung stehenden kirchlichen, politischen und militärischen Mitteln Kichenbann und Interdikt, Reichsacht, 20 Burgenbau und Krieg die Herrschaft über Hessen an sich zu bringen.

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Last Updated: 09/04/2023

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